Um es gleich zu sagen: Ich bin Buchhebamme geworden, weil ich mich nicht traue, Künstlerin zu sein. Trotzdem glaube ich, dass mein Verständnis von Welt, Buch und Sinn stark dem einer Künstlerin ähnelt. Denn es geht auch um Kreativität – sprich: um Strukturen und Chaos. Dafür braucht es ein spezielles „Händchen“, am besten durch eigenes Erleben. Anders gesagt: Ich habe eine große Affinität zu allen, die „anders“ sind.

Anders als was?

Den ersten Band meiner Trilogie des Eigensinns („Mein Kompass ist der Eigensinn“) habe ich allen gewidmet, die anders sind. Zu meiner großen Überraschung haben sich viele Menschen davon angesprochen gefühlt. Ja, ich hatte da bereits ergänzt: „Wir sind viele“. Trotzdem war es ziemlich kokett. Denn natürlich fehlt für eine klare Definition des Andersseins ein „anders als was?!“ Die Frage blieb unbeantwortet. Und ich werde sie wohl auch hier nicht beantworten können. Denn es ist vertrackt: Selbst, wenn so viele Menschen sich „anders“ fühlen, dass sie fast schon die Mehrheit in einer Gruppe X bilden, stimmt es immer noch: Sie fühlen sich „anders“. Und damit sind sie es. Das ist jedenfalls meine Überzeugung. Der Satz „Ich bin anders“ ist einer, dem ich niemals widersprechen würde. Wenn das jemand sagt, ist es so. Da wird nicht diskutiert. Und schon gleich gar nicht mit Proportionen und Zahlenverhältnissen argumentiert … Wer „anders“ sagt, fühlt sich so. Punkt.

Dass dieser Gedanke allein schon manche Diskussion um „Fremde“ oder Nicht-Zugehörige im Keim ersticken kann, ist meiner eigenen Lebensgeschichte geschuldet. Ich war – auf vielen Ebenen – immer „anders“. Und erst mit der Entdeckung des Eigensinns habe ich meinen Frieden damit gemacht: Es gehört zu meinem Sinn, dass ich anders bin. Ich war es immer. Und habe absolut keine Lust, mich gegen andere Menschen ausspielen zu lassen, die – eben! – anders sind. Lieber sage ich: „Eigensinn verbindet.“ Und das war lange Zeit auch der Arbeitstitel meines dritten Buchs der Trilogie des Eigensinns … Inzwischen ist daraus Gelebter Eigensinn geworden. Passt. Da geht es nämlich endlich um reale Lebensgeschichten, weniger im Gedankenexperimente.

Ich bin anders. Und: Eigensinn verbindet.

Eigensinn als Gegengift

Wir stoßen überall auf die sogenannten Glaubenssätze. Sie wurden entwickelt, um zu zeigen, wie wir uns von Erziehung, Umwelt etc. derart beeinflussen lassen, dass wir kaum noch tun oder denken können, was uns wirklich ausmacht, was uns antreibt, was wir hoffen oder uns wünschen. Also: wirklich wir! Ganz individuell, manchmal intuitiv, mal spielerisch, mal sehr entschieden und ganz zielgerichtet … Dazu müssen wir „Ich“ sagen, uns selbst verstehen lernen – dabei hilft oft Kreativität. Zum Beispiel das Schreiben. Das alles ist ein Prozess. Und den nenne ich unseren Eigensinn. Er ist eine Art Gegengift zu all den „Glaubenssätzen“, von denen wegzukommen nicht immer leicht ist. Und der Satz „Ich bin anders“ ist für mich ein perfekter Satz für alle Menschen, die sich auf den Weg zu ihrem Eigensinn machen.

Stichwort Kreativität

Kreativität kann unendlich vieles sein. Manchmal genügt es, Dinge anders als gewohnt zu tun, schon spüren wir die Kraft der Kreativität. Doch eigentlich meint der Begriff ja: „etwas erschaffen“. Tun Künstler:innen, Autor:innen. Und viele mehr. Dass ich absolut nicht an den „Musenkuss“ glaube, mit dem Menschen von einer Sekunde auf die andere kreativ werden können, habe ich in „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ sehr deutlich dargelegt. Dort zitiere ich auch manchmal den Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Rainer M. Holm-Hadulla. Denn: An die Kreativität glaube ich durchaus. Und Holm-Hadulla äußert in seinem Buch „Leidenschaft – Goethes Weg zur Kreativität“ viele Gedanken dazu, die ich auch hier gern teilen möchte. Etwa: „Kultur- und Sozialwissenschaftler betrachten die kreative Gestaltung der Wirklichkeit als grundlegende Aufgabe der menschlichen Entwicklung. Kreativität ist kein Zeitvertreib für Müßiggänger, sondern ein Erfordernis jeder sozialen Gemeinschaft. Ohne Kreativität ist die Welt nicht nur langweilig, sondern liefert sich Kräften aus, die sie zerstören.“

Ohne Kreativität ist die Welt nicht nur langweilig, sondern liefert sich Kräften aus, die sie zerstören.

Holm-Hadulla schreibt aber auch: Das Wesen der Kreativität sei ein „Wechselspiel zwischen Ordnung und Chaos, Schöpfung und Zerstörung.“ Da haben wir’s! Mir jedenfalls ist damit glasklar, dass – und warum – Künstler:innen und Autor:innen definitiv „anders“ sind als das meiste, was uns tagtäglich um die Ohren gehauen wird:

  • Optimiere dich!
  • Handle und denke strukturiert!
  • Sei glasklar und ordentlich – vor allem in Blogbeiträgen, SoMe-Beiträgen und Büchern!

Das sind die „Standards“, die mich zumindest fast ständig verfolgen … Das, was ich tun soll. Wer traut sich da noch, sich auf „Chaos, Schöpfung und Zerstörung“ einzulassen, solche Dinge auch nur ansatzweise zu denken?! Einmal mehr sage ich an dieser Stelle: Eigensinn hilft!

Kreativität ist ein Wechselspiel zwischen Ordnung und Chaos, Schöpfung und Zerstörung.

Künstler:innen und Autor:innen

Den Gedanken an das – notwendige! – Wechselspiel aus Ordnung und Chaos, Schöpfung und Zerstörung beherzigt heute kaum noch jemand. Außer eben manche Künstler:innen und Autor:innen. Vor allem für diese Menschen möchte ich als Buchhebamme da sein.

Es gibt genügend Angebote, die das Bücherschreiben NUR strukturiert und geordnet angehen wollen … Tue ich auch. Aber niemals am Anfang, nie durchgehend. Ich kenne auch Chaos und Zerstörung. Und kann auch bei anderen Menschen ziemlich gut damit umgehen. Weil ich es kenne. Weil das zu meinem Eigensinn gehört. Meine Welt ist nur manchmal geordnet, vieles ist oft alles andere als leicht. Ich habe Möglichkeiten gefunden, die Dinge, Sätze und Gedanken trotzdem zu ordnen. So, dass ich selbst daraus lernen kann. So, dass ich meine Gedanken – auch in gedruckter Form – anderen Menschen mitteilen kann. So, dass andere davon profitieren können. Denn das möchte ich mit jedem Satz, den ich schreibe: Anderen Menschen etwas zeigen. Oder erzählen. Oder ihnen Fragen stellen. Dazu braucht es ein bisschen Ordnung. Aber die gibt es nie „von der Stange“. Die entsteht nur in einem oft langen, immer höchst individuellen Prozess. Und das ist der Prozess, mit dem ich Sie als Buchhebamme begleiten möchte.

Interessant ist für mich, dass tatsächlich immer mehr Menschen „intuitiv“ bei mir nachfragen, die eher aus dem „kreativen Chaos“ kommen. Ich schaffe es inzwischen wohl, genau ihnen die richtigen Signale zu senden:

Ich kann gut mit „Chaos“ umgehen. Und finde, eine Buchhebamme sollte das durchaus können.

Chaos allein macht leider nicht kreativ

Zum Schluss noch eine Warnung: Chaos allein macht nicht kreativ! Oft sogar ganz im Gegenteil: Dann kann nichts mehr erschaffen werden, weil wir uns völlig verlieren. Fühlt sich oft an, wie in einen tückischen Wasserstrudel zu geraten: Da ist es kaum noch möglich, allein zu entkommen. Dann brauchen wir dringend Hilfe von außen. Wie gesagt: Ich kenne solche „Zustände“. Und biete Ihnen meine Hilfe an.

Was sagt der Fachmann zum Thema „Chaos“? In einem Zeit-Interview von 2013 hat Holm-Hadulla gesagt: „Man darf nicht nur Chaos haben, man braucht auch viel Struktur, Klarheit und Gewohnheit, um sich auf das Chaos einlassen und es ertragen zu können.“

Stimmt! Wie eigentlich alles, was er sagt.

 

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Die erwähnten Bücher

Rainer M. Holm-Hadulla – Leidenschaft: Goethes Weg zur Kreativität. Eine Psychobiographie. Im Shop der Autorenwelt hier (Von da stammt auch das Bild dieses Beitrags)

Maria Almana – Mein Kompass ist der Eigensinn. Grundlagen, Vorbilder & Nutzen. Ermutigung zum eigensinnigen Schreiben.  Im Shop der Autorenwelt hier

Maria Almana – Wer schreibt, darf eigensinnig sein. Kreativität, Selfpublishing und Eigensinn. Ein Plädoyer, kein Schreibratgeber. Im Shop der Autorenwelt hier.