In meiner Trilogie des Eigensinns rückt ja vor allem das eigensinnige Schreiben in den Fokus. Warum eigentlich? Weil es meine Welt ist. Weil ich mich da am besten auskenne. Und natürlich: weil schreibende Menschen häufig selbstständig sind. Das legt die Frage nahe:

Müssen wir selbstständig sein, um eigensinnig leben zu können?

Es ist klar: Für Selbstständige ist es oft einfacher, ihren Eigensinn zu leben als für Angestellte. Aber Eigensinn ist ja selten der „einfache Weg“ …. Und außerdem: sogar Beamte können schon mal – im positiven Sinn – eigensinnig sein. Ich denke  gerade an (Ex-)Politiker:innen wie Claudia Roth, Barbara Rütting oder Henning Scherf. Alle drei wollen etwas bewegen, haben ihr Thema, ihre „Mission“ gefunden. Und sehen sich trotzdem als Teil ihrer jeweiligen Partei. Denn das muss absolut kein Widerspruch sein: Ich kann mich und meine Arbeit durchaus in einem größeren Zusammenhang sehen, ohne auf den Weg meines Eigensinns verzichten zu müssen.

Mit anderen Worten: Ich muss wirklich nicht selbstständig sein, um meinen Eigensinn entwickeln zu können!

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Eigensinn und Kreativität

In dieser Kombination kommt der Eigensinn natürlich überproportional häufig vor. Und außerordentlich viele Menschen, die kreativ arbeiten, sind gleichzeitig auch selbstständig. Da scheint es auch kaum jemanden zu verwunden, dass da ein gewisser Eigensinn dazu gehört – fast scheint diese Kombination zwangsläufig zu sein.

Sehen wir uns aber mal an, was hinter dieser „Zwangsläufigkeit“ steckt, tauchen ziemlich viele Fragen auf: War das je eine bewusste Entscheidung? Ist das der individuelle Weg einzelner, kreativ arbeitender Menschen? Oder gilt nicht eher: kreativ sollte eigensinnig aussehen? Weil das eben so ist, weil wir es so gewohnt sind, weil es erwartet wird …

Nein, nicht jeder Mensch, der eigensinnig bunt und kreativ wirkt, ist sich seines Eigensinns auch bewusst. Mir jedenfalls ist es wichtig, dass die Entscheidung für den Eigensinn eine sehr bewusste Entscheidung ist. Denn nur dann „wirkt“ sie … etwa als Kompass auf dem Weg zu uns selbst, zu unserem Sinn.

Bewusste Entscheidungen für besondere Wege

Hier ist mir das Wort „Weg“ wichtig: Eigensinn fällt nämlich nicht vom Himmel. Er muss sich entwickeln, nur dann entwickeln wir uns auch mit ihm. Da gibt es tatsächlich eine auffällige Parallele zwischen Eigensinn und Selbstständigkeit: Wenn Ziele und Motive, Motivation und Interaktion (mit Themen und/oder Kund:innen) stagnieren, führt die Selbstständigkeit oft genug in eine Sachgasse: Umsätze stagnieren, die Arbeit wird zur Routine, der Schwung fehlt. Kund:innen merken so etwas schnell.

Darum gilt hier auch der Umkehrschluss: Selbstständigkeit muss keineswegs mit Eigensinn einhergehen. Es ist allerdings auch kein Fehler, wenn sie es tut. Denn Selbstständige müssen sich fast immer von Mitbewerber:innen abheben – da ist mindestens der „besondere Weg“, das, was ich „anders mache“ als andere, ein überaus wichtiges Kriterium. Und genau das ist oft genug der Startschuss für den eigensinnigen Weg. Wenn ich nämlich NICHT mehr nach rechts und links schiele: „Was machen denn die anderen Selbstständigen? Wie machen sie es?“ Sondern stattdessen einfach sage: „Ich will nur das tun, was für mich allein Sinn macht!“ Denn das Schöne ist ja: Genau mit dieser Haltung helfen wir ganz oft auch anderen Menschen, die sich auf ihren Wegen, mit ihrem Sinn und in ihren Entscheidungen bisher (noch) nicht respektiert sehen. Eigensinnige Menschen gehen oft voran – auf bisher unbekannten Wegen. Und ebnen die in gewisser Weise für andere Menschen.

Beispiel dafür? Hier fällt mir zuallererst Raul Krauthausen ein. Er setzt sich für soziale Projekte ein, hat einige selbst davon ins Leben gerufen. Warum? Weil das für ihn sehr viel Sinn macht. Er hat Osteogenesis imperfecta, ist kleinwüchsig und auf einen Rollstuhl angewiesen. Berufsbezeichnung in eigenen Worten: Menschenrechtsaktivist. Und mit seiner Haltung hat er unglaublich vielen anderen Menschen Mut gemacht, hat in aller Öffentlichkeit klargestellt, dass „besondere Wege“ sinnvoll und notwendig sind. Vermutlich bezeichnet er sich selbst nicht mal als eigensinnig … Für mich aber ist er es ohne jeden Zweifel.

Entscheidend ist die eigene Haltung

Ich denke, es ist klar geworden: Selbstständigkeit kann helfen, den Weg des Eigensinns zu gehen, auf diesem Weg zu bleiben. Aber sie ist kein Muss, ist nicht das, worauf es mit Blick auf den Eigensinn ankommt. In meinen Augen ist das Wesentliche unsere Haltung. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ schreibe ich beispielsweise:

Eigensinn ist eine Haltung. Vielleicht die wichtigste, die wir einnehmen können.

Genau. Und das kann ich als Selbstständige ebenso wie als Angestellte – wenn ich das wirklich will, sogar als Beamtin.

Mehr zum Thema

Eine Frau, die mir als Role-Model in puncto Selbstständigkeit, Eigensinn und Schreiben dient, ist immer wieder Margrit Irgang: Sie kündigte – sehr bewusst – ihre Festanstellung, um fortan selbstständig und eigensinnig nur vom Schreiben leben zu können. Habe ich hier beschrieben.

Wem das Thema „Selbstständigkeit“ – vor allem mit Blick auf die Frage „Was macht die Selbstständigkeit mit mir?“ – nicht so recht geläufig ist, dem empfehle ich die kleine Blog-Serie von lexoffice mit genau dieser Frage als Titel. Halte ich vor allem darum für extrem wichtig, weil mir im Verlauf all der Corona-Geschehnisse unter anderem mit brutaler Deutlichkeit so richtig klar geworden ist, wie wenig „die Öffentlichkeit“ über Lebens- und Arbeitsbedingungen von Selbstständigen weiß.


Beitragsbild: erstellt mit photofunia
Text: Maria Al-Mana


In eigener Sache

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In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch. Und trotzdem hat dieses Buch ganz klar im Untertitel stehen: „kein Schreibratgeber“. Damit möchte ich klarmachen: Mit dem „Gießkannenprinzip“ sollte hier nicht gerechnet werden!
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.


 

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