Ich versuche hier, mein eigenes Buch zusammenzufassen … Gar nicht so einfach, eine Definition von eigensinnigem Schreiben! Als Erstes fallen mir vier Dinge zu Wer schreibt, darf eigensinnig sein ein. Es geht darum,

  1. Der eigenen Stimme zu folgen – statt primär für den Markt oder die Erwartungen anderer zu schreiben. Funktioniert besonders gut als Selfpublisher … Es geht darum, bei sich zu sein, sich als Person mit den eigenen Erfahrungen und Perspektiven in dem Buch wiederzufinden. Es geht aber auch um
  2. Mut zur Entwicklung – also etwa, während des Schreibprozesses offen für Überraschungen und Wendungen zu bleiben, statt alles vorab festzuzurren. Das macht Bücher lebendig und bewahrt uns vor starren Plänen. Ein bisschen Plotten ist völlig in Ordnung. Aber bitte erst als Schritt zwei. Oder drei. Sich besser erst einmal nach dem fragen, was uns wirklichwirkllich ausmacht. Nach dem, was wir sagen wollen. Oder, wie unsere Haltung zu einem bestimmten Thema ist.
  3. Persönlichkeit und Sinnlichkeit … Bedeutet: mit allen Sinnen zu schreiben, spielerisch zu sein und sich Zeit für den kreativen Prozess zu nehmen. Wie beispielsweise Kornelia Funke, die ihre Erstfassungen immer von Hand schreibt, um „unbefangener, unzensierter, spontaner, verspielt“ zu sein – ein gutes Vorbild.
  4. Eigensinn ist die beste Waffe gegen Konformität. Eigensinnige Texte zeigen die Einzigartigkeit jedes Menschen und wirken damit Dogmatismus und Ausgrenzung entgegen. Außerdem entsteht genau daraus auch die Vielfalt (in) der Buchwelt. Und die möchte ich so lang wie irgend möglich erhalten. Im Interesse von uns allen… Ob wir jetzt lesen oder schreiben: Das kann zum Abenteuer werden. Und wo gibt es heute schon noch echte Abenteuer?!

Eigensinniges Schreiben ist kein egoistischer Akt , sondern paradoxerweise der beste Weg, um andere Menschen zu erreichen – durch Nähe oder als Abenteuer. Mit Sachwissen oder Fantasie. Mit persönlichen Erfahrungen oder als Vorbild. Oder, oder, oder …

Jedes Buch ist eine Welt für sich

In dieser einfachen Erkenntnis steckt eine fast revolutionäre Kraft, denn sie befreit uns von der Vorstellung, dass Bücher bestimmten Erwartungen entsprechen müssen, um wertvoll zu sein. Müssen sie nicht. Never ever.

Was bedeutet es, eigensinnig zu schreiben?

Eigensinniges Schreiben bedeutet zunächst: dem eigenen Sinn folgen. Es ist das Gegenteil davon, das zu schreiben, was der Markt verlangt oder was andere von uns angeblich erwarten. Wer eigensinnig schreibt, entwickelt sein Buch „aus dem Bauch heraus“ – entlang der eigenen Stimme und des persönlichen Entwicklungsprozesses.

Das heißt nicht, dass eigensinnige Texte unprofessionell oder beliebig wären. Im Gegenteil: Sie verlangen ein hohes Maß an Mut zur Authentizität und die Bereitschaft, sich verletzlich zu zeigen. Denn eigensinnig zu schreiben bedeutet meistens auch, sich als Mensch in einem Text zu zeigen – mit der eigenen Perspektive, den eigenen Erfahrungen und der ganz persönlichen Art, die Welt zu betrachten.

Der Mut zur eigenen Stimme

Viele Autoren kämpfen damit, ihre authentische Stimme zu finden. Sie fragen sich: „Wer ist meine Zielgruppe?“ oder „Was für ein Genre soll es werden?“ Diese Fragen können hilfreich sein, aber sie können auch gefährlich werden, wenn sie dazu führen, dass man die ganze Zeit nur das schreibt, was andere vielleicht gern lesen würden. Damit engen wir alles von vornherein ein: unseren eigenen Schreib-Raum, unsere Gedanken. Und den Lesehorizont der Menschen, die wir doch erreichen wollen.

Die bessere Frage lautet: Was würde ich selbst gern zu diesem Thema lesen?

Eigensinniges Schreiben bedeutet in der Regel, zunächst für sich selbst zu schreiben. Das klingt egoistisch, ist aber das Gegenteil: Denn nur so können wir andere wirklich erreichen. Nur wer seine eigene Wahrheit erzählt, schafft Texte, die lebendig sind.

Entwicklung statt Planung

Ein zentraler Aspekt eigensinnigen Schreibens ist die Bereitschaft, sich während des Schreibprozesses entwickeln und überraschen zu lassen. Statt alles vorab festzuzurren, bleibt auf diese Weise viel Raum für Entdeckungen:

  • „Ach, das liegt mir ja doch viel mehr am Herzen, als ich anfangs dachte!“ Oder:
  • „Das führt mich auf einen Weg, den ich gar nicht gehen will – schnell weg hier!“

Diese Flexibilität macht Bücher lebendig und bewahrt Autoren davor, zu Sklaven ihrer alten Ideen zu werden. John Irving beispielsweise schreibt zuerst den letzten Satz seiner Romane und bewegt dann die ganze Geschichte auf diesen Punkt zu. Henning Mankell schrieb bei „Die weiße Löwin“ die letzte Seite zuerst und sagte dann: „Genau da wollte ich hin!“

Die Kraft der persönlichen Erfahrung

Eigensinnige Texte leben von persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen. Sie sind gute Waffe gegen Dogmatismus und Ausgrenzung, weil sie die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen beschreiben und damit der Vorstellung entgegenwirken, dass die Dinge klar und einfach, schwarz und weiß, nur gut oder böse sein können.

Wenn Autoren den Mut fassen, von sich persönlich zu erzählen, entstehen Texte, in denen die Leserinnen den Autor spüren können. Das ist oft mit einem „kleinen Schock“ verbunden, macht aber den entscheidenden Unterschied zwischen austauschbaren und unvergesslichen Texten aus.

Spielerisch und sinnlich schreiben

Eigensinniges Schreiben darf jederzeit auch spielerisch sein. Eigensinnige Autor:innen nutzen gern auch ihre Sinne: Sie sammeln nicht nur Gedanken, sondern auch Gerüche, Melodien, Berührungsempfindungen. Sie schaffen sich Rituale und Refugien, die ihre Kreativität fördern. Sie geben sich Zeit für den Entwicklungsprozess und lassen sich nicht hetzen.

Mut zum Unperfekten

Eigensinnig zu schreiben bedeutet auch, den Mut zu haben, vielleicht mal nicht perfekt zu sein … Es ist so schrecklich, wenn alles bestimmten Standards entsprechen soll. Wichtiger ist es, bei sich selbst zu bleiben und der eigenen Entwicklung, dem jahrelangen Erfahrungswissen zu vertrauen. Auch das brauchte lange Zeit, um zu „reifen“ – geben wir dem Buch diese Chance doch bitte auch!

Ein Plädoyer für den Eigensinn

„Wer schreibt, darf eigensinnig sein“. Das ist weit mehr als ein Schreibtipp – es ist ein Plädoyer für Authentizität in einer Zeit der Standardisierung. Es ist die Ermutigung, der eigenen Stimme zu vertrauen und Bücher zu schreiben, die wirklich eine „Welt für sich“ sind.

Eigensinnige Bücher sind oft unerwartet, folgen keiner Mode, sprengen Grenzen. Sie werden geliebt oder gehasst, sind nie lauwarm. Und genau das macht sie wertvoll: Sie zeigen, dass jeder Mensch etwas Einzigartiges zu erzählen hat – wenn er nur den Mut fasst, es auf seine ganz eigene Art zu tun.

Der Eigensinn beim Schreiben ist also kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Denn in einer Welt voller Nachahmungen und Wiederholungen brauchen wir Texte, die echt sind. Texte, die von Menschen stammen, die den Mut hatten, vielleicht auch „nur“ während des Schreibens sie selbst zu sein. Das ist schon sehr viel!


In diesem Sinne: Trauen Sie sich, eigensinnig zu schreiben. Die Welt wartet auf Ihre ganz persönliche Art, Geschichten zu erzählen. Bücher zu schreiben. Und als Buchhebamme begleite ich Sie gern dabei. Liebend gern sogar. Dann können wir uns nämlich sogar gemeinsam in dieses Abenteuer stürzen …

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