Wenn die Autobiographie eines millionenschweren Hamburgers mit „Sinn und Eigensinn“ betitelt ist, muss ich es doch wohl lesen, oder?!

Ja, es geht um DEN Otto-Erben … Otto-Versand also. Der Mann ist mir nicht unsympathisch. Er hat Kunst studiert, war Musiker und übernahm unter anderem den Musik-TV-Sender Viva, als der nicht mehr besonders gut lief. „Zufällig war mein Schwager mit der Aufgabe betraut, dieses Problem zu lösen“. Der gab das Problem an Frank Otto weiter, weil er sich vorher bereits als „Radiomann“ einen Namen gemacht hatte.

Außerdem engagiert sich Frank Otto schon lange – und auch noch heute – für diverse Kulturprojekte, für Umwelt- und Klimaschutz sowie für soziale und entwicklungspolitische Belange. Dabei findet er vielleicht noch heute: „Der Druck muss von der Straße kommen“.

Sinn und Eigensinn?

Aaaber … Von Eigensinn ist nirgendwo in diesem Buch die Rede. Der steht nur dick auf dem Cover. Und das finde ich äußerst schade. Liegt es daran, dass wir noch immer keinen klaren Begriff davon haben, was Eigensinn genau ist, wofür er steht, was er beinhalten kann?

Von Sinn und Haltung

Von Sinn dagegen ist sehr wohl die Rede. Und von Haltung: „Dieses Buch erzählt von dem Weg zu einer Haltung“ – so sein Fazit auf der vorletzten Buchseite. Haltung und Eigensinn? Ja, das ist eine sehr gute Kombination. Und dass sich Frank Otto immer wieder für andere Menschen, gemeinschaftlich-soziale Projekte eingesetzt hat und einsetzt, zeugt sicher von der Haltung, die er für sich entwickelt hat. Das zieht sich durch das ganze Buch. Schon ziemlich weit vorne schreibt er: „Menschen mit einer klaren Haltung haben mich immer schon beeindruckt.“

Das alles nimmt man dem Mann ohne weiteres ab. Vielleicht auch deshalb, weil in dem ganzen Buch immer wieder klar wird, dass er wirklich Verantwortung übernimmt, übernehmen möchte und auch – für mich eher unerwartet – durch und durch bodenständig ist. Auch wenn er – in meiner Wahrnehmung –  immer mal wieder versucht, die eigene Position runterzuspielen. Etwa, wenn er über seine Arbeitsweise schreibt: „Herumspinnen, Ideen entwickeln, Projekte anleiern, Menschen mitnehmen – all das kann ich. Abarbeiten können das dann später andere.“ Ich finde, da macht er sich unnötig selbst klein – denn auch das ist eine Haltung, die – im richtigen Kontext – durchaus sinnvoll sein kann. Und einem Menschen nicht schlecht ansteht, der sich nicht für das tägliche Einkommen krummlegen muss – dafür aber Ideen entwickeln, für Neues einstehen kann, Visionen nicht für eine Krankheit hält. Auch solche Menschen braucht eine Gesellschaft. Finde ich jedenfalls.

Die eigene Kreativität nutzen, um eine Haltung zu entwickeln

Wer den Eigensinn des Frank Otto finden möchte, muss das Buch schon sehr genau lesen. Und es wäre nicht schlecht, bereits vorher eine Ahnung davon zu haben, was Eigensinn sein könnte … Unter diesem Aspekt gefiel mir eine Passage besonders gut: Als Frank Otto beginnt, sich in seine Rolle als „Radiomann“ zu verlieben. Da überlegt er sich, welche Musik vor allem junge Menschen wohl gern im Radio hören würden – und stolpert über eine Studie, die  genau das klären soll. Aber: „Ich vertraute dieser Studie nicht, ich traute lieber meiner eigenen Beobachtung und macht mir – buchstäblich – selbst ein Bild, indem ich Bilder malte, um die Musiklandschaft zu begreifen. In diese Musiklandschaften malte ich dann die Radiosender ein, um zu begreifen, wer zu wem gehörte, wo Gemeinsamkeiten und Unterschiede lagen …“

So ein Vorgehen finde ich perfekt: Die eigenen kreativen Möglichkeiten nutzen, um etwas zu begreifen, um eine eigene Haltung zu entwickeln. Ja, das deckt sich schon sehr stark mit meiner Definition von Eigensinn – darum: danke dafür!

Die Kreativität des Frank Otto

Es geht noch weiter mit der Kreativitäts-Definition des Frank Otto. Auch hier wird nie das Wort Eigensinn benutzt – es steht wirklich vor allem im Buchtitel. Doch wer sich ein bisschen damit befasst hat, was „der eigensinnige Weg“ sein könnte, findet auch weiter hinten im Buch noch eine Passage, die genau genommen den Eigensinn in den Blick nimmt. In dieser Passage beginnt Otto bereits, eine Art Resümee zu ziehen: Wohin ist mein „Business“ gelaufen? Dazu muss man wissen, dass er sich schon vor Jahren aus den meisten seiner Projekte zurückgezogen hat, sich allerdings noch immer intensiv um die „Problemkinder“ seiner „Unternehmungen“ kümmert. So wurde er – in seinen  Worten – „quasi zum Feuerwehrmann meiner eigenen Unternehmungen“.  Auch hier ist seine Haltung interessant: zum einen hat er entdeckt, dass er auch noch ein „Privatleben“ hat – ja, warum auch nicht? Noch besser aber gefällt mir seine Feststellung: „Tief in meinem Inneren bin und bleibe ich ein Kreativer. Das ist mein Wesenskern. Als kreativer Mensch schafft man etwas Neues […] Man bringt etwas in die Welt, das es vorher nicht gab.“ Auch hier habe ich innerlich applaudiert: Ja, das ist Eigensinn!

Mein Fazit

Erst war ich traurig darüber, dass die Chance des Buches, sich aktiv mit dem Eigensinn und seiner Rolle für unsere Gesellschaft auseinanderzusetzen, so gar nicht aufgenommen wurde. Zeitweise dachte ich sogar: Das Wort Eigensinn steht nur darum im Titel, weil es so gut klingt … Dann habe ich ein wenig abgewartet, noch mal reingelesen. Und festgestellt: Mit dem richtigen Vorwissen liefert das Leben des Frank Otto doch ziemlich gute Beispiele dafür, wie der Weg des Eigensinns aussehen kann. Ganz praktisch. Und ganz individuell.

Natürlich: Nicht viele Menschen haben so ein großes Erbe wie er im Hintergrund. Doch das spielt kaum eine Rolle. Weil es ihm wirklich um die eigene Haltung geht. Und die muss ganz individuell erreicht werden … Da kann Geld als eine Art Steigbügelhalter dienen – die wirklich wichtigen Entscheidungen aber muss jeder Mensch allein treffen, die eingeschlagenen Wege selbst zu Ende gehen – oder nicht. Und das alles hat nur wenig mit Geld zu tun.

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Das Buch

ist erschienen bei edelbooks – vor dort stammt auch die Coverabbildung.
(Und ich habe es mir selbst gekauft. Hätte ja auch sein können, es hätte mir gar nicht gefallen. Dann bringt einen ein Rezensionsexemplar immer irgendwie in Verdruckung …)
Es hat 256 Seiten, kostet 22 Euro und ist natürlich überall erhältlich, wo es Bücher gibt: ISBN 9783841907424.


In eigener Sache

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Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.


Text: Maria Almana


 

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