Bei einem ganz wichtigen Gedanken auf der Suche nach den Wegen zum Eigensinn hat mich die Autorin Nina George unterstützt. Eher ungeplant, unerwartet. So stieß ich beim Lesen von „Die Schönheit der Nacht“ im Nachwort auf folgenden Gedanken: „Kunst zu machen bedeutet, Variationen des (angeblich) einzig Möglichen zu erschaffen. Variationen von Liebe, von Hass, von Moral und von Entscheidungen; jedes Buch, jeder Film, jedes Gedicht und jedes Lied erzählt von Unterschieden und Andersartigkeiten, von individuellen Empfindungen und Abweichungen. Und deswegen ist Kunst eine jener Überlebenshelferinnen, die wir brauchen, in diesen Zeiten – denn sie erinnert uns daran, dass die Vielfalt das Menschliche ist, nicht das Gleiche, und es kein Land und keine Kultur gibt, die über einem oder einer anderen steht.“
Diese Erkenntnis ist natürlich weit mehr als ein Nebenprodukt eigensinnigen Schreibens … In ihr steckt für mich der wichtigste Kern des Nutzens von Eigensinn: Er kann uns verbinden. Und das war eine der wichtigsten Fragen, die ich bis dahin kaum laut gestellt hatte:
Was leistet Eigensinn – für uns alle?
Dass der Eigensinn individuell, für jede und jeden von nicht hoch genug gewertet werden kann, ist mittlerweile hoffentlich klar geworden … Zumindest gebe ich mir große Mühe, DASS das klar wird: Wir alle profitieren vom Eigensinn. Er hilft, ganz individuell. Aber: Kann er uns denn auch als Gemeinschaft helfen? Ja! Er „erzählt von Unterschieden und Andersartigkeiten“. Und genau damit verbindet er uns auch.
Es ist schön, die eigenen Gedanken bei anderen wieder zu finden!
Seitdem ich das Gefühl habe, dass Nina George da einen wichtigen Gedanken mit mir teilt, habe ich noch einmal viel genauer auf das gesehen, was sie tut. Und schreibt. Darum kommt sie in „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ an drei verschiedenen Stellen vor – es ist schön, so erfolgreiche „Verbündete“ bei der Suche nach Definitionen von Eigensinn zu haben! Obwohl sie das Wort Eigensinn meines Wissens nie benutzt. Doch auch ihre Suche nach dem „richtigen“ Weg des Schreibens – der für jede:n von uns ein anderer ist – ähnelt meinen Gedanken oft. Und allein das finde ich schon ziemlich gut. Ich fühle mich mit ihr – und vielen anderen – in guter Gesellschaft.
Besonders deutlich wurde mir das bei Nina Georges Keynote zur Beantwortung der (extrem schwierigen!) Frage: „Was ist Schreiben?“ Für mich sind ihre Antworten, Überlegungen, Anregungen da absolut grandios und zeitlos gültig. Sie hat es sich nicht leicht gemacht und das Etikett „Keynote“ klingt für mich falsch. Viel zu harmlos. Denn ihre kleine Rede auf einem Schreibkongress hat es wirklich in sich! Kann bei YouTube hier angehört werden. Ich finde: Das lohnt sich!