Ja, es ist schwierig, an dieser Stelle die richtige Wahl zu treffen! Zumal nicht jede Publikationsform zu jedem Thema und allen Autor/innen, besser gesagt: deren Wünschen und Ansprüchen passt. Wenn ich „Selfpublishing“ schreibe, meine ich damit Selfpublishing-Dienstleister. Die bekanntesten in Deutschland sind bookmundo, books on demand, epubli, neobooks, tredition und twentysix. Alle bieten an, E-Books und gedruckte Bücher zu produzieren, alle stellen die fertigen Produkte auch in den großen Online-Buchportalen (einschließlich amazon) zum Kauf bereit.
Was Honorare und verpflichtende Zahlungen angeht, variieren die Angebote. Und das ändert sich auch noch ständig – darum bitte selbst vergleichen! Ja, auch das ist schon nicht so leicht. Denn die Bedingungen sind kaum eins zu eins gegeneinander aufzurechnen. Am Ende kann es gut sein, dass sich angehende Autor/innen fragen: Ist Selfpublishing denn wirklich das Richtige – für mich?! Ich habe mal ein paar Grundfragen zusammengestellt, die bei einer Entscheidung helfen können:
Frage 1 Wie viel Zeit/Geduld habe ich?
Wer gern schnell publizieren möchte, sollte sich eher dem Selfpublishing zuwenden.
Frage 2: Wie viel Ahnung habe ich vom Buchmarkt, von Buchsatz- und Layout, Zielgruppen und Marketing?
Je mehr, desto eher kommt Selfpublishing in Frage.
Frage 3: Wie viel Geld bin ich bereit zu investieren?
Je weniger, desto eher sollten Sie den Vertrag mit einem „klassischen Verlag“ anstreben.
Frage 4: Wie gut sind meine Nerven?
Wie reagieren Sie auf Absagen – die entweder elend lang auf sich warten lassen, oder gar nicht erst kommen? Sowohl Verlage wie (Literatur-)Agenturen sind derart überlaufen, dass es oft wirklich Nerven wie Drahtseile braucht, um das aushalten zu können. Wer jetzt schon weiß: „Das geht gar nicht!“, hat sich bereits gegen den Weg über einen „klassischen Verlag“ entschieden.
Frage 5: Wie definiere ich Erfolg?
Je mehr ein Bucherfolg für Sie auch Dinge wie Erfahrung, eigene Entwicklung, Positionierung oder Sichtbarkeit sind, desto besser passt zu Ihnen vermutlich Selfpublishing.
Inhalt
Vor- und Nachteile
Vorteile Selfpublishing
- Es ist eine wunderbare Chance – vor allem für unbekannte Autor/innen, aber auch für eher introvertierte Menschen. „Klinkenputzen“ entfällt.
- Gedruckt wird nur „on demand“: kein „Verramschen“, die Umwelt wird geschont, weniger Papier verbraucht.
- Das fertige Buch wird exakt so aussehen, wie ich mir das wünsche: inhaltlich, sprachlich, in Buchsatz und Buchcover.
- Sind Sie eigensinnig? Soll Ihr Buch eigensinnig sein? Dann haben Sie eigentlich NUR als Selfpublisher eine Chance!
- Das Buch wird garantiert veröffentlicht – und zwar recht schnell.
- Zeitvorgaben mache ich mir selbst, es gibt keine Abgabetermine, die mich unter Druck setzen. Damit kann ich mir mit dem Schreiben Zeit lassen, mich mit dem Thema und/oder meiner eigenen Haltung dazu gründlich auseinandersetzen.
- Ich bestimme den Buchpreis, damit auch mein Honorar.
- Das Honorar ist wesentlich höher als im klassischen Verlag.
- Ich habe alle Publikations-Möglichkeiten. Auch E-Book, Genre-Cross-over etwa mit Hörbüchern, podcasts und anderem.
- Pseudonyme sind einfach zu führen.
- Ich kann erst Selfpublisher, dann Verlagsautor/in sein! Oder gleichzeitig (= „Hybdridautor/in“)
- Ich kann Print- und E-Book trennen (auch zeitlich).
- Ich kann Inhalte mehr oder weniger sofort, immer wieder aktualisieren.
- Die Zielgruppe für mein Buch bestimme ich – meinem Thema, meiner Community entsprechend.
- Ich kann meine Buchveröffentlichung auf mein Business abstimmen (= strategische Planung, optimal für Selbstständige)
- Ich kann alle Nischen nutzen, die sich mir bieten: Communitys, Buchblogs, Veranstaltungen etc. Und dort auch gleich eigene Buch-Verkaufstische aufbauen (Autorenrabatte! Und manchmal auch Rückgaberecht nicht verkaufter Exemplare.)
- Honorarabrechnungen kommen (meist) in kurzen Abständen.
- Bei den meisten Selfpublishing-Anbietern ist das Buch unbefristet lang lieferbar, während Verlage oft schon nach zwei Jahren den Verkauf einstellen, also „verramschen“.
- Mit dem richtigen Selfpublishing-Anbieter bin ich in ALLEN Online-Buchportalen präsent, unter anderem auch bei amazon.
Nachteile Selfpublishing
- Zukäufe nötig (Lektorat, Cover, Marketing). Das bedeutet: Ich muss Geld ausgeben, bevor ich welches bekomme. Und ob ich am Ende wenigstens die Unkosten wieder „einspielen“ kann, steht in den Sternen
- Ich brauche VIEL Zeit: Schreiben in Eigenregie, Organisation, Marketing. Die wird mir nicht bezahlt
- Größte Gefahr: außer Spesen nix gewesen
- Der unüberschaubarer „Dschungel“ an Möglichkeiten: mit wem/wie publizieren?
- Bei möglichen Rechtsverstößen haften Autor/innen (beispielsweise: Verletzung der Rechte Dritter, Urheberrechtsverstoß, Titelschutzverletzung).
- Für das Layout (Einbandgestaltung, Format, Papierart und -stärke) ist die Auswahl bei vielen Selfpublishing-Dienstleistern nicht allzu groß. Richtig teuer können Farben und Abbildungen – vor allem im Innenteil – werden.
- Sozusagen ständige (Online-)Präsenz-Pflicht: Marketing ist IMMER!
- Ich muss mit öffentlicher Kritik umgehen lernen (v.a. online)
- Ich MUSS eine Personen-Marke werden, wenn ich mein Buch in Eigenregie verkaufen will
- EIN Buchtitel reicht oft nicht. Gut ist, mehr als ein Buch zu veröffentlichen
- Der Buchhändler „um die Ecke“ hat oft (noch) ungern mit Selfpublishing zu tun, aber ich kann/sollte ihn durch persönliche/regionale Präsenz überzeugen
- Ich muss bereit sein, viel Neues zu lernen (das kann aber natürlich auch ein Vorteil werden …)
- Ich sollte beim Schreiben schon das Marketing im Hinterkopf haben
- Die Übermacht von amazon – und deren unkalkulierbares Ranking durch nicht immer „saubere“ Bewertungen
- So was wie Rezensionen in Zeitschriften/Zeitungen findet für Selfpublisher so gut wie nie statt. Auch die Möglichkeiten, sich an Autorenwettbewerben zu beteiligen, auf Ausschreibungen oder gar für Stipendien zu bewerben, sind extrem selten.
Und das kommt noch dazu …
1. Der Vertrag
Mit Blick in die Glaskugel: Könnte sein, die Freiheit von Selfpublishern ist doch nicht ganz so frei, wie viele sich das wünschen. Denn alles steht und fällt mit den Vertragsbedingungen, die Selfpublishing-Dienstleister Ihnen anbieten. Grundsätzlich bleiben die Urheberrechte immer bei Ihnen. Die Nutzungs- oder Verwertungsrechte aber verkaufen Sie. Wichtige Punkte sind dabei:
- Wie lang läuft der Vertrag, wie schnell kann er gekündigt werden? Befristet sollte er IMMER sein, sonst kann es passieren, dass dieser Anbieter bis zu 70 Jahre nach Ihren Tod die Verwertungsrechte für Ihren Text hat. Dann sind wir aber ganz klar schon im Bereich der Druckkostenzuschuss-Verlage. Unbedingt: Finger weg! Wer Zweifel hat, sieht hier nach – da sind alle „unsauberen Anbieter“ immer aktuell aufgelistet.
- Welche Rechte hat der Anbieter an Ihrem Text? Was darf er, was ist bei neuen Verwertungsrechten wie etwa Filmrechten (könnte doch sein!) Oder Hörbüchern, oder oder …?
Kurz: Lesen Sie sich den Vertrag bitte ganz genau durch! Oft besteht er aus zwei Teilen: den AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) und dem Autorenvertrag. Unbedingt beides lesen!
2. Verlag oder nicht, damit auch: Rechte bei der VG Wort oder nicht?
Jetzt wird es ein bisschen kompliziert … Denn das deutsche Recht muss bis Juni 2021 gemäß einer EU-Urheberrechtsnovelle geändert werden. Soviel steht fest. Vieles andere aber leider gar nicht. Zwei Fragen sind dabei für (angehende) Autorinnen besonders wichtig:
- Könnten Selfpublishing-Dienstleister dann die Rechte von Verlagen in Anspruch nehmen? Viele Anbieter scheinen sich bereits darauf vorzubereiten – und nennen sich schon „Verlag“. Was natürlich nicht korrekt ist, denn Verlage gehen an vielen Stellen in finanzielle Vorleistung (Lektorat, Grafik, Layout, Werbung) – was Selfpublishing-Dienstleister eben gerade nicht tun.
- Was wird dann mit der Ausschüttung der „Nutzungs-Umlage“ (durch Kopieren, Bibliotheksausleihen etc.) durch die VG Wort, auf die Autor/innen bislang ein Anrecht haben?
Ich habe wirklich keine Ahnung, wie sich das entwickeln wird … Wollte aber schon mal darauf hinweisen, dass das in Zukunft durchaus zu einem Problem für Selfpublisher werden könnte. Wer sich eingehender damit befassen möchte, dem sei dieser Beitrag von Hans Peter Roentgen wärmstens empfohlen!
In eigener Sache
Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.